Jahresendspurt Teil 3 – Zeit kann man nicht vermehren, aber komprimieren!

 

 

Im ersten Beitrag des „Jahresendspurt Projektmanagement“ haben wir uns mit der Fokussierung auf Zeit und ihrer Eigenschaften beschäftigt. Kleines Recap an dieser Stelle:

  • Zeit kann nicht gespart werden
  • Zeit kann nicht vermehrt werden
  • Und Zeit ist definitiv nicht mit Geld gleichzusetzen!

 

Was wir aber erreichen können ist, die uns zur Verfügung stehende Zeit zu komprimieren!

 

Gründe warum du Zeit im Projekt komprimieren musst

In Projekten können diverse Dinge passieren, die die Komprimierung deines Zeitplans erforderlich machen.
Zu diesen zählen u.a.:

  • Der Projektplan ist unrealistisch
  • Eine versprochene Ressource fällt aus
  • Ein unbekanntes Risiko zwingt dich zur Beschleunigung
  • Der Kunde bzw. Projektsponsor möchte, dass das Projekt früher fertig wird
  • Ein externer Faktor zwingt dich dazu, schneller zu liefern (z.B. ein Wettbewerber hat ein vergleichbares Produkt herausgebracht)

 

Ich stelle dir 3 Eskalationsstufen vor, wie wir den o.g. Punkten begegnen können.
Die Wahl, welche Stufe wir wählen, hängt immer davon ab, wie kritisch das eingetretene Ereignis für unser Projekt ist!

 

Stufe 1 – Effizienzsteigerung durch Regeln und Strukturen

Es gibt viele einfache Methoden, die dabei helfen, Projekte besser zu strukturieren und so zu mehr Effizienz führen.
Einige davon lassen sich auch noch während des laufenden Projektes einbauen.

 

  • No Agenda + No Facilitator = No Meeting: Eine einfache Regel, die sich in kurzer Zeit in das Projekt einführen lässt, ist der Grundsatz, dass jedes Meeting eine Agenda und einen Moderator haben muss. In der Realität werden viele Meetings noch immer ohne Agenda geführt, verlaufen sich dadurch häufig und führen zu Follow-Ups. Eine Agenda schafft Klarheit und Fokus. Sie bietet keine Luft für andere Themen und ermöglicht es, dass ein Termin auch vor der Zeit beendet wird. Der Moderator hat die Aufgabe die Agenda durchzusetzen und wenn möglich, dass Meeting schneller zu schließen. Diese simple Regel kann schriftlich als Verhaltenskodex festgehalten werden oder, wenn man über die richtigen Tools verfügt, als verpflichtende Eingabe für die Erstellung eines Meetings im Kalender Tool festgelegt werden.

 

  • Mehr Zeigen, weniger Schreiben: Wenn die Zeit schneller schwindet als geplant, dann kann es Sinn machen gewisse Schreibarbeiten in spätere Phasen zu verschieben und die Fokussierung auf das konkrete Erstellen von Software und Produkten zu lenken. In vielen Projekten wird ausgiebig Dokumentiert in Form von funktionalen Beschreibungen, Blueprints, unzählige PowerPoints wie etwas aussehen wird in der Zukunft. Das eigentliche „Zeigen“ des Produktes kommt immer erst sehr spät und somit auch die Einbindung des Kunden. Mein Tipp: Binde den Kunden so früh wie möglich ein und gib ihm etwas greifbares in die Hand (Mockups, Bilder, MVPs, …). Dann kann er früh im Prozess Änderungswünsche äußern, was dir hinten raus die eine oder andere Korrekturschleife spart!

 

  • Standards etablieren: Vielleicht wirst du dir denken „Was ein No-Brainer“, aber schau dich mal in deinem aktuellen Projekt um und prüfe, wie viele Standards dort etabliert sind. Mit Standards meine ich einheitliche Templates, ein sauberer Changeprozess, eine klare Reportingstruktur, Jour Fixes, geplante Retro-Sessions, ein Kommunikationsplan und z.B. ein Governance Board.
    Wie so oft im Leben sind es die Basics, die den Unterschied machen!

 

  • Automatisiere so viel wie möglich: Es gibt mittlerweile viele gute Tools, mit denen Teile von Standardprozessen im Projekt automatisiert werden können. Zu diesen zählen z.B. Zapier oder IFTTT. Für aufwendigere Prozesse kann auch die Nutzung von RPA-Software (Robotic Process Automation) in Betracht gezogen werden. Hier müssen natürlich immer Kosten und Nutzen in Einklang sein. Auch Chat-Bots können helfen, an die Abgabe von Deliverables zu erinnern oder Auskunft über Standarddokumente zu geben. Zu diesen zählen z.B. Templates oder der Ablageort des Projektplans.

 

Für Stufe 1 gibt es noch mehr Tools & Tricks, aber mit diesen vier Hinweisen hast du schon mächtige Werkzeuge in der Hand, um deine Zeit im Projekt zu komprimieren!

 

Stufe 2 – Das Risiko erhöhen!

Wenn es noch etwas mehr Komprimierung benötigt, dann kann es dir helfen, das Risiko zu erhöhen!
Ja, das ist ernst gemeint – die Erklärung folgt natürlich direkt:

Viele Projektpläne werden einmal vor der Projektinitiierung geschrieben und nicht immer Überprüft im Projektverlauf.
Dabei kann dies sehr hilfreich sein, denn Pläne werden eher konservativ als sportlich gemacht.

Das heisst konkret: Überprüfe den Projektplan nach Phasen, die zu lang bzw. mit zu viel Puffer geplant wurden.
Gleichzeitig ist dies auch eine gute Übung, um noch einmal die Anforderungen zu checken und ggf. die eine oder andere
unnötige Anforderung zu streichen!

Hier kannst du im ersten Schritt Zeit komprimieren.

 

Das nächste Element von Stufe 2 stammt aus den Federn des PMI und nennt sich Fast-Tracking.

Fast Tracking ist im Projektmanagement eine Methode zur Verdichtung beziehungsweise Verkürzung des Projektplans.
Dabei werden Vorgänge, die in der Regel nacheinander stattfinden, parallel durchgeführt.

Beispielsweise könnten bei einem Softwareprojekt die Tester schon die Module prüfen, die bereits fertig sind, während andere Module noch weiter programmiert werden.

Dieses Vorgehen erhöht zwar das Risiko, ermöglicht aber die Chance, Zeit „rauszuschneiden“!

 

Stufe 3 – Prepare for the Crash

Crashing ist eine sehr aggressive Variante der Zeitverdichtung und führt häufig zu höheren Kosten im Projekt.
Die Idee hinter der Crashing ist die Verkürzung der Durchlaufzeit durch den Einsatz von mehr Ressourcen pro Task.

Konkret könnte dies bedeuten, dass mehr Projektteilnehmer auf eine Aufgabe angesetzt werden, aber auch Mehrarbeit anzuwenden.
Auch der Zukauf von Ressourcen kann unter das Crashing fallen.

Crashing ist aber kein Garant für Schnelligkeit. Es gibt Aufgaben, welche bedingt durch ihre Eigenschaften nicht durch mehr Personal oder Einsatz von Budget beschleunigt werden können. Ein Beispiel hierfür wäre ein Datenload in ein neues ERP-System der mehrere Stunden dauert und nicht durch mehr Personen beschleunigt werden kann.

Kann der Einsatz von mehr Personal die Aufgabe nur teilweise beschleunigen, entstehen überproportionale Mehrkosten.
Nicht nur höhere Kosten sind ein Risiko des Crashings, auch Qualitätsmängel und Überbelastung des Teams sind weitere Nachteile, die dadurch entstehen können.

Daher sollte Crashing nur sehr dosiert und für sinnvolle Bereiche angewendet werden.

 

Fazit Tag 3 „Jahresendspurt im Projektmanagement“

Wir nehmen mit:

  • Zeit kann komprimiert werden
  • Es gibt 3 sinnvolle Eskalationsstufen zu Zeitkomprimierung
  • Standards und Strukturen bilden die Basis
  • Das Risiko erhöhen und De-Scoping hilft
  • Fast-Tracking und Crashing sind zwei Varianten zur Verdichtung

 

So viel zum Tag 3 des Jahresendspurts im Projektmanagement und der Methodik der Zeitkomprimierung.
Morgen zeige ich dir, welche Tools beim Zeitmanagement helfen, welche ich selbst nutze und was du in Zukunft dringend lassen solltest!

Stay tuned!

Dein Michael Mohr